Im Rahmen meines Semesterprojektes „Das Verhältnis von Tier und Mensch“, bin ich auf die biologische Station in Soest aufmerksam geworden. Die ABU (Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V.) züchtet seit den 1990er Jahren robuste Rinder mit dem Ziel, einem Abbild des um 1630 ausgestorbenen Auerochsen möglichst nahe zu kommen. Beweggründe sind hier unter anderem die naturnahe Ganzjahresbeweidung zur Förderung der symbiotischen Biodiversität, Naturschutz, Entwicklungen extrem artenreicher Beweidungslandschaften und Skelettfunde des Auerochsen. Für diese naturnahe Beweidung werden möglichst naturnahe und ursprüngliche Weidetiere (Ochsen & Wildpferde) gebraucht. Sie müssen robust und selbständig sein. Außerdem sollten sie mit dem Klima und der Witterung klarkommen - das ganze Jahr. Üblicherweise beträgt die Zahl der von der ABU eingesetzten Rinder zwischen 80 und 120 Tieren. Fast jede erwachsene Kuh bekommt jedes Frühjahr ein Kalb. Die überzähligen Tiere werden im Herbst abgegeben. Regelmäßig sind dabei auch züchterisch wertvolle Tiere, die bevorzugt zu anderen Züchtern gehen. In den fünf Herden der ABU deckt jeweils ein sorgfältig ausgewählter ausgewachsener Zuchtbulle. Die jüngeren Bullen werden entnommen, wenn Kämpfe mit dem Zuchtbullen drohen.Bei der Selektion sind viele Aspekte entscheidend. Grundsätzlich ist zu beachten: die ökologische Eignung der Individuen, der optische und abstammungsgenetische Aspekt und das Verhalten des Tieres. Robust und genügsam, leicht kalbend und halbwegs friedlich im Umgang sind einige der Anforderungen für Rinder im Naturschutz. Die Tiere sollen möglichst ohne menschliche Hilfe oder Eingriffe in den Schutzgebieten leben können. Entscheidungen zur Selektion einzelner Individuen zu fällen, kann mitunter knifflig sein. So kann es etwa vorkommen, dass ein Individuum gute Hörner, jedoch eine abweichende Fellfarbe hat oder umgekehrt. Dadurch muss man zwangsläufig Prioritäten setzen. Prioritäten zu setzen ist bis zu einem gewissen Grad subjektiv. Daher erfolgt die Selektion von Individuen immer unter intensiver und oft kontroverser Diskussion.Es erscheint ironisch: Ein Tier, welches durch den Eingriff des Menschen augerottet wurde, soll durch den Eingriff des Menschen wieder zum Leben erweckt werden. Krankheiten, Wilderei, begrenzter Lebensraum und Nahrungsmangel waren unter anderem Gründe für die Ausrottung des Auerochsen. Aber sind die Tiere glücklicher als das von Victor Frankenstein erschaffene Monster? Wie ist der allgemeine Umgang mit den Rindern? Und wer entscheidet letztendlich über den Tod eines Tieres?(Quelle: ABU | Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V)